12 Fragen zum Opus Dei

Gegen Ende der 60er Jahre beantwortet der hl. Josefmaria Fragen von Journalisten verschiedener internationaler Zeitschriften. Welches sind die großen Erfolge des Opus Dei? Was bedeutet der Begriff “desorganisierte Organisation”? Wie sehen Sie die Zukunft des Opus Dei? Hier finden Sie 12 Antworten auf diese und andere Fragen.

Gegen Ende der 60er Jahre beantwortet der hl. Josefmaria Fragen von Journalisten verschiedener internationaler Zeitschriften. Welches sind die großen Erfolge des Opus Dei? Was bedeutet der Begriff “desorganisierte Organisation”? Wie sehen Sie die Zukunft des Opus Dei? Hier finden Sie 12 Antworten auf diese und andere Fragen.

1- Wie und warum haben Sie das Opus Dei gegründet?

2- Könnten Sie die Hauptaufgabe und die Ziele des Opus Dei umreißen?

3- Sie haben ab und zu gesagt, das Opus Dei sei eine desorganisierte Organisation. Können Sie unseren Lesern den Sinn dieser Formulierung erklären?

4- Wie hat sich das Opus Dei seit seiner Gründung in seiner Ausprägung und in seinen Zielen entwickelt?

5- Wie sehen Sie die Zukunft des Opus Dei?

6- Inwieweit kann man von einer wirtschaftlichen oder politischen Ausrichtung des Opus Dei in Spanien sprechen?

7- Kann man behaupten, das Opus Dei mische sich in die Tätigkeiten oder Leitungsaufgaben ein, die einige seiner Mitglieder in bedeutenden Unternehmen und einflußreichen Gruppen innehaben?

8- Was sagen Sie gegenüber Vorwürfen wie dem der Geheimnistuerei im Opus Dei? Gelegentlich wird behauptet, das Opus Dei sei wie eine Geheimgesellschaft organisiert.

9- Wie erklären Sie den beachtlichen Erfolg des Opus Dei und nach welchen Maßstäben messen Sie ihn?

10- Hat das besondere Milieu Spaniens während der letzten dreißig Jahre das Wachstum des Werkes in diesem Land erleichtert?

11- Wenn die Behauptung stimmt, daß jedes Mitglied seine persönlichen Überzeugungen frei vertreten kann, wie erklären Sie dann die weitverbreitete Meinung, das Opus Dei sei eine monolithische Organisation mit sehr präzisen Vorstellungen in zeitlichen Belangen?

12- Wie steht das Opus Dei zum Ökumenismus?

Fragen und Antworten

1. Wie und warum haben Sie das Opus Dei gegründet?

Warum? Die Werke, die aus dem Willen Gottes entstehen, kennen kein anderes Warum als den göttlichen Wunsch, sie als Ausdruck seines universalen Heilswillens zu benutzen. Seit dem ersten Augenblick war das Werk weltweit, katholisch. Es wurde nicht geboren, um konkrete Probleme des Europa der zwanziger Jahre zu lösen, sondern um den Männern und Frauen aller Länder, Sprachen und Rassen in den verschiedensten Lebensumständen und sozialen Verhältnissen zu sagen, daß sie in jedem Stand - als Ledige, Verheiratete, Verwitwete oder Priester - Gott ohne Vorbehalt lieben und ihm dienen können, ohne ihr berufliches, familiäres oder gesellschaftliches Leben aufzugeben.

Wie es gegründet wurde? Ohne die geringsten menschlichen Mittel. Ich besaß nur meine 26 Jahre, die Gnade Gottes und gute Laune. Das Werk wurde klein geboren. Es war nichts weiter als das Bemühen eines jungen Priesters, der alles daran setzte zu tun, was Gott von ihm wollte.

Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer, 32

2. Könnten Sie die Hauptaufgabe und die Ziele des Opus Dei umreißen?

Das Opus Dei will bei Menschen aller Gesellschaftsschichten das Verlangen nach christlicher Vollkommenheit mitten in der Welt fördern. Es will den Menschen in der Welt - dem gewöhnlichen Menschen, dem Mann auf der Straße - helfen, ein konsequent christliches Leben zu führen, ohne dass er seine normale Lebensweise oder seine gewöhnliche Arbeit oder seine Pläne und Hoffnungen ändern müsste.

Deshalb kann man sagen, wie ich vor vielen Jahren schon einmal schrieb, daß das Opus Dei so alt und so jung ist wie das Evangelium. Es will die Christen an das herrliche Wort der Genesis erinnern, daß Gott den Menschen schuf, damit er arbeite. Uns hat das Beispiel Christi ergriffen, der fast die ganze Zeit seines irdischen Lebens als Handwerker in einem kleinen Dorf gearbeitet hat. Die Arbeit ist nicht allein einer der höchsten menschlichen Werte und das Mittel menschlicher Mitwirkung am Fortschritt der Gesellschaft, sie ist auch ein Weg der Heiligung.

Mit welchen anderen Organisationen könnten wir das Opus Dei vergleichen? Die Antwort ist nicht leicht. Wenn man nämlich Organisationen geistlicher Ausrichtung untereinander vergleichen will, so läuft man Gefahr, in Äußerlichkeiten oder in juristischen Kategorien steckenzubleiben und dabei das Wichtigste zu übersehen: den Geist, der jedem Wirken erst den Daseinsgrund und das Leben gibt.

Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer, 24

3. Sie haben ab und zu gesagt, das Opus Dei sei eine desorganisierte Organisation. Können Sie unseren Lesern den Sinn dieser Formulierung erklären?

Damit will ich sagen, daß für uns die persönliche apostolische Spontaneität und die freie und verantwortliche, vom Wirken des Heiligen Geistes geleitete Initiative von grundlegender und erstrangiger Bedeutung sind. Das ist uns wichtiger als durchstrukturierte Organisation, taktische Weisungen und Pläne von oben.

Ein Mindestmaß an Organisation besteht selbstverständlich: Es gibt eine zentrale Leitung mit Sitz in Rom, die immer kollegial ist, und in den einzelnen Ländern ebenfalls kollegial handelnde Leitungsorgane. Aber die gesamte Tätigkeit dieser Organe beschränkt sich praktisch darauf, den Mitgliedern des Werkes die notwendige geistliche Hilfe für ihr religiöses Leben sowie eine angemessene geistliche, theologische und menschliche Formung zu vermitteln. Dann aber gilt der Spruch: Enten ins Wasser!, den ich gern benutze: Christen, heiligt alle Wege der Menschen, denn alle sind gezeichnet von den Spuren Gottes.

Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer, 19

4. Wie hat sich das Opus Dei seit seiner Gründung in seiner Ausprägung und in seinen Zielen entwickelt?

Vom ersten Augenblick an ist, wie ich Ihnen eben geschildert habe, das einzige Ziel des Opus Dei gewesen, dazu beizutragen, daß mitten in der Welt Männer und Frauen aller Rassen und Gesellschaftsschichten danach trachten, in ihrer gewöhnlichen Arbeit und durch diese Arbeit Gott und allen Menschen in Liebe zu dienen. Seit dem Anfang des Werkes im Jahre 1928 predige ich, dass die Heiligkeit keine Sache für Privilegierte ist, sondern dass alle Wege der Erde, alle Stände, alle Berufe, alle rechtschaffenen menschlichen Aufgaben Wege Gottes sein können. Diese Botschaft ist von großer Tragweite, und die Erfahrung im Leben des Werkes hat mir geholfen, sie immer tiefer in der Vielfalt ihrer Aspekte zu sehen und zu verstehen. Das Werk wurde klein geboren und wuchs dann ganz selbstverständlich Schritt für Schritt wie ein lebendiger Organismus, wie alles, was sich in der Geschichte entwickelt.

Aber sein Ziel und sein Daseinsgrund haben sich nicht geändert und werden sich nicht ändern, so sehr sich auch die Gesellschaft wandeln mag; denn die Botschaft des Opus Dei besagt ja gerade, daß man jede ehrliche Arbeit heiligen kann, ganz gleich, wie die jeweiligen Umstände sind.

Heute gehören Menschen aus allen Berufen zum Werk: nicht nur Ärzte, Rechtsanwälte, Ingenieure oder Künstler, sondern ebenso Maurer, Bergleute, Bauern; von Filmregisseuren und Düsenjägerpiloten bis zur ersten Mode-Friseuse sind alle Berufe vertreten. Zeitgemäß sein, Verständnis haben für die moderne Welt ist für die Mitglieder des Opus Dei etwas ganz Natürliches und sozusagen Instinktives; denn sie sind es ja, die zusammen mit ihren Mitbürgern, mit ihresgleichen, diese Welt gestalten und ihr ihre Modernität verleihen.

Da dies der Geist unseres Werkes ist, werden Sie verstehen, wie groß unsere Freude war, als das Konzil feierlich erklärte, dass die Kirche die Welt, in der sie lebt, ihren Fortschritt und ihre Entwicklung nicht ablehnt, sondern versteht und liebt. Außerdem ist es ein entscheidendes Merkmal jener Spiritualität, die die Mitglieder des Werkes seit fast vierzig Jahren zu leben sich bemühen, dass sie sich gleichzeitig der Kirche und dem Staat zugehörig wissen und daher jeder einzelne von ihnen in voller Freiheit seine persönliche Verantwortung als Christ und als Staatsbürger unverkürzt wahrnimmt.

Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer, 26

5. Wie sehen Sie die Zukunft des Opus Dei?

Das Opus Dei ist noch sehr jung. Neununddreißig Jahre sind für eine Vereinigung dieser Art kaum ein Anfang. Unsere Aufgabe ist es, zusammen mit allen Christen an dem großen Werk mitzuarbeiten, Zeugen des Evangeliums Christi zu sein, und daran zu erinnern, daß diese Frohbotschaft jeder menschlichen Situation Lebenskraft einzuflößen vermag. Die Arbeit, die auf uns wartet, ist gewaltig. Sie ist ein Meer ohne Ufer, denn - mögen die Produktionsformen sich auch noch so sehr wandeln - solange es Menschen auf der Erde gibt, werden sie Arbeit haben, die sie Gott aufopfern, die sie heiligen können. Mit Hilfe der Gnade Gottes möchte das Werk sie lehren, aus dieser Arbeit einen Dienst an allen Menschen zu machen, gleich welcher Herkunft, Rasse oder Religion sie sind. Und indem sie so den Menschen dienen, werden sie Gott dienen.

Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer, 57

6. Inwieweit kann man von einer wirtschaftlichen oder politischen Ausrichtung des Opus Dei in Spanien sprechen?

In allen zeitlichen Belangen sind die Mitglieder des Werkes vollkommen frei. Im Opus Dei gibt es Platz für Menschen aller politischen, kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Auffassungen, die ein christliches Gewissen vertreten kann.

Ich spreche niemals über Politik. Meine Aufgabe als Priester ist ausschließlich geistlicher Art. Im übrigen bestünde für die Mitglieder des Opus Dei, auch wenn ich einmal eine Meinung zu einem rein zeitlichen Problem äußern sollte, keinerlei Verpflichtung, sich ihr anzuschließen.

Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer, 48

7. Kann man behaupten, das Opus Dei mische sich in die Tätigkeiten oder Leitungsaufgaben ein, die einige seiner Mitglieder in bedeutenden Unternehmen und einflußreichen Gruppen innehaben?

Keinesfalls! Das Opus Dei engagiert sich nicht im geringsten in der Politik. Jedes Engagement für eine ideologische, kulturelle, wirtschaftliche oder politische Tendenz, Gruppierung oder Regierungsform ist ihm absolut fremd. Ich wiederhole: Seine Ziele sind ausschließlich geistlicher und apostolischer Natur. Von seinen Mitgliedern verlangt das Opus Dei nichts anderes, als dass sie sich als Christen verhalten und sich bemühen, ihr Leben nach dem Vorbild des Evangeliums auszurichten. In keiner Weise mischt sich das Opus Dei in die rein zeitlichen Belange ein.

Wenn jemand dies nicht versteht, dann vielleicht deshalb, weil er die persönliche Freiheit nicht begreift oder weil es ihm an Unterscheidungsvermögen fehlt, um die rein geistlichen Ziele, um deretwillen sich die Mitglieder des Opus Dei zusammenschließen, und das weite Feld menschlicher Betätigung - Wirtschaft, Politik, Kultur, Kunst, Philosophie usw. - auseinanderzuhalten. In diesen Bereichen genießen die Mitglieder des Opus Dei völlige Freiheit und arbeiten in eigener Verantwortung. Die Realität der individuellen Freiheit ist den Mitgliedern vom ersten Augenblick an, da sie zum Werk kommen, bekannt. Sollte einmal irgend jemand im Werk versuchen, auf andere Mitglieder Druck auszuüben, um ihnen seine eigene Meinung in politischen Fragen aufzudrängen oder sich ihrer um menschlicher Interessen willen zu bedienen, so würden sich die anderen dagegen auflehnen und ihn sofort ausschließen. Die Achtung vor der Freiheit der Mitglieder ist eine wesentliche Lebensbedingung des Opus Dei selbst. Ohne sie würde niemand zum Werk kommen. Mehr noch: Sollte es einmal - bisher ist es nie geschehen, es geschieht heute nicht, und mit der Hilfe Gottes wird es auch niemals geschehen -, sollte es also einmal zu einer Einmischung des Opus Dei in die Politik oder in irgendeinen anderen Bereich innerweltlicher Betätigung kommen, dann wäre ich selbst der erste Feind des Opus Dei.

Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer, 28

8. Was sagen Sie gegenüber Vorwürfen wie dem der Geheimnistuerei im Opus Dei? Gelegentlich wird behauptet, das Opus Dei sei wie eine Geheimgesellschaft organisiert.

Seit 1928 sage ich, dass alle Wege der Erde Wege Gottes sein können und die Heiligkeit nicht das Privileg einiger Auserwählter ist. Der innerste Kern der spezifischen Spiritualität des Opus Dei ist die Heiligung der alltäglichen Arbeit. Das Vorurteil, die gewöhnlichen Gläubigen könnten sich nur darauf beschränken, dem Klerus in kirchlichen Aufgaben zu helfen, sollte verschwinden. Es ist daran zu erinnern, dass die Menschen frei sein und sich frei fühlen müssen, um ihr übernatürliches Ziel zu erreichen mit jener Freiheit, die Christus uns erworben hat. Um dies zu lehren und um aufzuzeigen, wie es in die Tat umgesetzt werden kann, habe ich nie ein Geheimnis gebraucht. Die Mitglieder des Werkes lehnen jede Geheimnistuerei ab. Denn sie sind normale Gläubige, genau wie die anderen. Wenn sie sich dem Opus Dei anschließen, ändert das nichts an ihrem Stand. Es würde ihnen widerstreben, ein Schild auf dem Rücken zu tragen: »Ich arbeite für Gott«. Das steht einem Laien nicht an, und es wäre nicht säkular. Jeder aber, der Mitglieder des Opus Dei kennt und mit ihnen verkehrt, weiß, dass sie zum Werk gehören, auch wenn sie es nicht laut verkünden; denn sie verheimlichen es auch nicht.

Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer, 34

Es ist so einfach, sich über das Opus Dei zu informieren. In allen Ländern arbeitet es in aller Öffentlichkeit, mit juristischer Anerkennung der staatlichen und kirchlichen Behörden. Die Namen seiner Leiter und seiner apostolischen Werke sind allgemein bekannt. Wer immer über unser Werk Auskunft erhalten möchte, kann sie sich ohne Schwierigkeiten verschaffen; er braucht sich bloß mit den Leitern in Verbindung zu setzen oder sich an eines unserer korporativen Werke zu wenden. Sie selbst sind ja Zeuge, daß die Leiter des Opus Dei oder die Mitglieder, an die die Journalisten sich wenden, diesen ihre Aufgabe so leicht wie möglich zu machen pflegen, indem sie ihre Fragen beantworten oder ausreichende Dokumentationen zur Verfügung stellen.

Weder ich noch sonst jemand im Opus Dei kann erwarten, dass jedermann uns versteht oder unser geistliches Ideal teilt. Ich liebe die Freiheit und bin sehr dafür, dass jeder seinen eigenen Weg geht. Aber andererseits ist es auch selbstverständlich, dass wir auf unserem Grundrecht bestehen, respektiert zu werden.

Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer, 30

9. Wie erklären Sie den beachtlichen Erfolg des Opus Dei und nach welchen Maßstäben messen Sie ihn?

Wenn eine Unternehmung auf das Übernatürliche ausgerichtet ist, dann bedeutet Erfolg oder Misserfolg, so wie sie gewöhnlich aufgefasst werden, recht wenig. Schon der heilige Paulus sagte zu den Christen von Korinth, dass es im geistlichen Leben nicht auf das Urteil der anderen, auch nicht auf das eigene, sondern nur auf das Urteil Gottes ankommt.

Gewiss ist das Werk heute in der ganzen Welt verbreitet. Ihm gehören Männer und Frauen aus rund siebzig Nationen an. Wenn ich an diese Tatsache denke, bin ich selbst überrascht. Ich finde keine menschliche Erklärung dafür; die einzige Erklärung ist für mich der Wille Gottes, denn der Geist weht, wo er will, und er bedient sich, wessen er will, um die Menschen zu heiligen. All das ist für mich Grund zur Danksagung, zur Demut und zur Bitte an Gott, ihm immer in der rechten Weise dienen zu können. Sie fragen mich auch, nach welchem Maßstab ich diese Dinge beurteile. Die Antwort ist sehr einfach: nach der Heiligkeit, nach den Früchten der Heiligkeit.

Das wichtigste Apostolat des Opus Dei ist dasjenige, das jedes Mitglied durch das Zeugnis seines Lebens und durch sein Wort im täglichen Umgang mit seinen Freunden, Bekannten und Arbeitskollegen ausübt. Wer will da die übernatürliche Wirksamkeit dieses stillen und demütigen Apostolates messen? Das Beispiel eines loyalen und aufrichtigen Freundes oder der Einfluss einer guten Mutter in der Familie - so etwas kann in seiner Auswirkung kaum gemessen werden.

Aber vielleicht bezieht sich Ihre Frage mehr auf die korporativen Apostolate des Opus Dei, bei denen man die Ergebnisse von einem rein natürlichen, sozusagen technischen Standpunkt aus messen könnte: etwa ob eine Arbeiterfachschule tatsächlich dem sozialen Fortschritt derer dient, die sie besuchen, oder ob eine Universität ihren Studenten die angemessene berufliche und kulturelle Ausbildung gibt. Wenn ich Ihre Frage in diesem Sinne verstehen darf, dann möchte ich sagen, dass der Erfolg sich zum Teil dadurch erklären lässt, daß diejenigen, die in diesen apostolischen Einrichtungen arbeiten, darin ihre spezifische berufliche Aufgabe sehen, auf die sie sich entsprechend vorbereiten wie jeder, der etwas Ernsthaftes leisten will. Das bedeutet unter anderem, dass diese Initiativen nicht nach einem vorgefassten Schema konzipiert werden, sondern dass man in jedem Fall die besonderen gesellschaftlichen Bedürfnisse des Landes oder der Gegend berücksichtigt, wo eine bestimmte Tätigkeit begonnen werden soll, um sie den wirklichen Erfordernissen anzupassen.

Aber ich betone nochmals, dass das Opus Dei sich nicht in erster Linie für die rein menschliche Wirksamkeit interessiert. Der wirkliche, ausschlaggebende Erfolg oder Misserfolg dieser korporativen Werke - das menschliche Niveau immer vorausgesetzt - hängt entscheidend davon ab, ob jene, die in ihnen arbeiten, wie auch die, denen diese Arbeit zugute kommt, dort wirksam Hilfe und Ansporn finden oder nicht, Gott mehr zu lieben, sich immer klarer bewusst zu werden, dass sie Brüder ihrer Mitmenschen sind, und dies in einem selbstlosen Dienst an der Menschheit bezeugen.

Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer, 31

10. Hat das besondere Milieu Spaniens während der letzten dreißig Jahre das Wachstum des Werkes in diesem Land erleichtert?

In wenigen Ländern haben wir ungünstigere Voraussetzungen gefunden als in Spanien. Es tut mir leid, so sprechen zu müssen, da ich meine Heimat liebe; aber Spanien ist das Land, wo es am meisten Arbeit und Leid gekostet hat, bis das Werk Wurzeln schlug. Kaum war das Werk geboren, da stieß es schon auf die Opposition der Feinde der persönlichen Freiheit und mancher anderer, die so sehr in traditionellen Vorstellungen befangen waren, dass sie das Leben der Mitglieder des Opus Dei nicht begreifen konnten: das Leben ganz normaler Leute, die sich Mühe geben, ihre christliche Berufung mit uneingeschränkter Hingabe zu leben, ohne die Welt zu verlassen.

Auch die korporativen apostolischen Einrichtungen haben in Spanien keine besonders günstigen Bedingungen gefunden. In manchen Ländern mit mehrheitlich nichtkatholischer Bevölkerung haben Regierungen die Bildungs- und Sozialeinrichtungen, die von Mitgliedern des Opus Dei ins Leben gerufen wurden, viel großzügiger unterstützt als der spanische Staat. Dabei ist die Hilfe, die eine solche Regierung den korporativen Werken des Opus Dei genauso wie anderen ähnlichen Einrichtungen gewährt, keine Bevorzugung, sondern einfach die Anerkennung einer sozialen Funktion, die den Staatshaushalt entlastet.

Der Geist des Opus Dei hat bei seiner Verbreitung in allen Ländern sofort bereitwillige, tiefe Aufnahme gefunden. Wenn das Opus Dei auf Schwierigkeiten stieß, dann wegen falscher Behauptungen, die gerade aus Spanien kamen und von Spaniern erfunden wurden, und zwar aus ganz bestimmten Bereichen der spanischen Gesellschaft. In erster Linie war jene internationale Organisation, die ich vorhin erwähnte, daran beteiligt; aber dieses Kapitel scheint nun der Vergangenheit anzugehören, und ich trage niemandem etwas nach. Sodann gibt es dort einige Leute, die den Pluralismus nicht verstehen, stets massiv als Gruppe auftreten oder gar einer engen, totalitären Denkweise verfallen sind und sich des katholischen Namens bedienen, um Politik zu machen. Aus mir unerklärlichen Gründen - vielleicht aus eigentlich gegenstandslosen, allzumenschlichen Überlegungen - scheinen manche von ihnen besonderes Gefallen daran zu finden, das Opus Dei anzugreifen. Und da sie finanziell mächtig sind - verfügen sie doch über das Geld der spanischen Steuerzahler -, werden ihre Angriffe von bestimmten Zeitungen verbreitet.

Ich sehe, dass Sie konkrete Namen von Personen und Institutionen erwarten. Ich möchte Ihnen jedoch keine Namen nennen und hoffe, dass Sie den Grund verstehen. Weder meine Aufgabe noch die des Werkes ist politisch. Meine Aufgabe ist: beten. Und ich möchte nichts sagen, was als Einmischung in die Politik gedeutet werden könnte. Ja, es schmerzt mich, überhaupt über diese Dinge zu sprechen. Fast vierzig Jahre lang habe ich geschwiegen. Wenn ich jetzt spreche, dann nur, weil ich die Pflicht habe, die verzerrenden Missdeutungen, durch die einige Leute eine ausschließlich geistliche Arbeit in ein schiefes Licht zu bringen versuchen, als von Grund auf falsch zu entlarven. Deshalb will ich in Zukunft sprechen und, sollte es nötig sein, immer deutlicher werden, auch wenn ich bisher geschwiegen habe.

Um aber auf das Hauptthema Ihrer Frage zurückzukommen: Wenn viele Menschen aller Gesellschaftsschichten, auch in Spanien, sich entschieden haben, mit Hilfe des Werkes und nach seinem Geiste Christus zu folgen, kann die Erklärung nicht im spanischen Milieu oder in anderen äußeren Bedingungen gesucht werden. Dafür liefern gerade diejenigen einen Beweis, die leichtfertig so etwas behaupten und dabei zusehen müssen, wie ihre eigenen Gruppen zusammenschrumpfen. Dabei sind die äußeren Bedingungen für alle gleich. Menschlich gesprochen fällt es vielleicht auch ins Gewicht, dass sie einen Gruppengeist pflegen, während wir niemandem die persönliche Freiheit nehmen.

Wenn das Opus Dei sich in Spanien, wie auch in einigen anderen Ländern, so stark entwickelt hat, so mag das zum Teil daran liegen, dass unser geistliches Wirken dort vor vierzig Jahren begann und, wie ich schon vorher ausführte, der spanische Bürgerkrieg und danach der Weltkrieg eine Verzögerung des Beginns in anderen Ländern erzwangen. Es bleibt aber festzuhalten, dass seit Jahren schon die Spanier eine Minderheit im Werk sind.

Denken Sie nicht, ich wiederhole es, dass ich mein Land nicht liebe oder dass ich mich nicht aufrichtig über die Arbeit des Werkes in Spanien freue. Aber es ist traurig, dass es Leute gibt, die Fehlinformationen und Zweideutigkeiten über das Opus Dei und Spanien verbreiten.

Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer, 33

11. Wenn die Behauptung stimmt, daß jedes Mitglied seine persönlichen Überzeugungen frei vertreten kann, wie erklären Sie dann die weitverbreitete Meinung, das Opus Dei sei eine monolithische Organisation mit sehr präzisen Vorstellungen in zeitlichen Belangen?

Mir scheint, so weit verbreitet ist diese Meinung gar nicht. Zahlreiche angesehene Blätter der Weltpresse haben den Pluralismus der Mitglieder des Werkes anerkannt. Es stimmt freilich, dass manche Leute die irrtümliche Meinung, die Sie erwähnen, verbreitet haben. Möglicherweise haben dabei einige von ihnen, aus verschiedenen Gründen, wider ihr besseres Wissen gehandelt. In vielen anderen Fällen mag die Unkenntnis, die vielleicht aus mangelhafter Information herrührt, daran schuld sein. Wenn umfassende Information fehlt, ist es nicht verwunderlich, dass manch einer, dessen Interesse nicht so weit reicht, sich durch persönlichen Kontakt mit dem Opus Dei besser zu informieren, dem Werk als Ganzem die privaten Ansichten einzelner Mitglieder zuschreibt. In der Tat wird niemand, der über die spanischen Verhältnisse halbwegs unterrichtet ist, das Vorhandensein eines echten Pluralismus unter den Mitgliedern des Werkes übersehen können. Wahrscheinlich könnten Sie selbst viele Beispiele anführen.

Ein weiterer Grund dürfte in dem unterschwelligen Vorurteil derer zu suchen sein, die im Politischen wie im Religiösen das Monopol einer Einheitspartei verfechten. Wer einer solchen Denkweise verhaftet ist und seine Meinung allen aufzwingen möchte, dem will es schwer in den Kopf, daß andere die Freiheit ihres Gegenübers zu achten wissen. Und so dichten sie dem Werk die monolithische Parteidisziplin ihrer eigenen Gruppen an.

Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer, 50

12. Wie steht das Opus Dei zum Ökumenismus?

fragten Sie außerdem. Im vergangenen Jahr habe ich einem französischen Journalisten von einer Begegnung mit Johannes XXIII. erzählt, und diese Anekdote hat meines Wissens ein Echo selbst in den Publikationen unserer getrennten Brüder ausgelöst. Damals sagte ich unter dem Eindruck seiner väterlichen Liebenswürdigkeit zu Papst Johannes: »Heiliger Vater, im Werk haben schon immer alle Menschen, ob sie nun katholisch sind oder nicht, einen Platz gefunden, an dem sie sich wohlfühlen; den Ökumenismus habe ich nicht erst von Eurer Heiligkeit gelernt.« Und Papst Johannes lachte innerlich bewegt, denn es war ihm bekannt, dass der Heilige Stuhl dem Opus Dei bereits im Jahre 1950 die Erlaubnis gegeben hatte, Nichtkatholiken und selbst Nichtchristen als Mitarbeiter aufzunehmen.

In der Tat fühlen sich nicht wenige unserer getrennten Brüder, unter ihnen auch Geistliche und sogar Bischöfe verschiedener Konfessionen, vom Geist des Opus Dei angezogen und arbeiten in unseren apostolischen Unternehmungen mit. Und im gleichen Maße, wie sich diese Kontakte verstärken, mehren sich die Zeichen von Sympathie und herzlichem Verständnis, weil die Mitglieder des Opus Dei es als Mitte ihrer Spiritualität betrachten, verantwortungsbewusst jene Anforderungen und Pflichten zu leben, die für den Christen aus der Taufe erwachsen.

Der Geist und die Arbeitsweise des Opus Dei tragen in der Tat wesentlich zur Begegnung bei. So etwa der Wunsch nach christlicher Vollkommenheit und apostolischem Wirken gerade durch die Heiligung der eigenen beruflichen Arbeit, unser Leben mitten in den irdischen Realitäten, die - bei voller Achtung vor ihrer Eigengesetzlichkeit - durch Geist und Liebe kontemplativ lebender Menschen beseelt werden, der Vorrang, den wir in unserer Arbeit der menschlichen Person, dem Wirken des Heiligen Geistes im Menschen und der Achtung vor der aus der Gotteskindschaft stammenden Würde und Freiheit des Christen beimessen und schließlich die Tatsache, dass wir, innerhalb der notwendigen Achtung vor dem Gemeinwohl, gegen jede monolithische und institutionalistische Auffassung vom Laienapostolat die Legitimität der Eigeninitiative verteidigen. In all dem finden unsere getrennten Brüder seit Jahren einen guten Teil jener theologischen Voraussetzungen praktisch gelebt vor, auf die sie und wir Katholiken berechtigterweise so viele ökumenische Hoffnungen setzen.

Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer, 22