30 Jahre Personalprälatur Opus Dei

Die Prälatur Opus Dei wurde mit der Bulle "Ut sit" vom 28. November 1982, die am 19. März 1983 in Kraft trat, errichtet. Zum 15. Jahrestag dieses Ereignisses hielt der Prälat des Opus Dei im Päpstlichen Athenäum (heute Päpstliche Universität) vom Heiligen Kreuz in Rom eine Ansprache, die wir zum 30. Jahrestag in der deutschen Übersetzung vorlegen.

Zum 15. Jahrestag der Errichtung der Personalprälatur hielt der Prälat des Opus Dei im Päpstlichen Athenäum (heute Päpstliche Universität) vom Heiligen Kreuz in Rom eine Ansprache, die wir zum 30. Jahrestag in der deutschen Übersetzung vorlegen.

Die Prälatur Opus Dei wurde mit der Bulle vom 28. November 1982, die am 19. März 1983 in Kraft trat, errichtet. Dieser päpstliche Akt war nichts anderes als die Verwirklichung dessen, was der heilige Josefmaria lange Jahre hindurch von der Heiligsten Dreifaltigkeit erbeten hatte, in seinem Bittgebet begleitet von zahllosen Menschen aus aller Welt, darunter seit den ersten Zeiten besonders Arme und Kranke. Er wollte damit die Wirksamkeit des pastoralen und apostolischen Dienstes sichern, den das Opus Dei kraft göttlichen Wollens in der Kirche zu leisten berufen war. Es war daher nicht ohne Bedeutung, daß der Papst dies hervorhob, indem er den Text der Apostolischen Konstitution mit den Worten ut sit (daß es sei!) beginnen ließ, denselben, die der Gründer des Opus Dei viele Jahre lang als Stoßgebet an die Muttergottes gerichtet hatte: Domina, ut sit! (Herrin, daß es sei!)

In den ersten Jahren der Existenz des Opus Dei hatte der heilige Josefmaria keine Eile, bei der zuständigen Autorität um ein kirchenrechtliches Statut für das Geschöpf zu ersuchen, das Gott am 2. Oktober 1928 in seiner Seele hatte entstehen lassen. Natürlich handelte er vom ersten Augenblick an mit dem Segen des Bischofs von Madrid-Alcalá, dem unvergessenen Msgr. Leopoldo Eijo y Garay, den unser Gründer über die Entwicklung des Werkes beständig auf dem Laufenden hielt; aufgrund seiner Sensibilität für Rechtszusammenhänge begriff er allerdings, daß es im damaligen Kirchenrecht noch kein Kleid gab, das dem Opus Dei passen würde. So zog es der heilige Josefmaria vor zu warten und diese notgedrungene Wartezeit mit Gebet, Sühne und Arbeit zu füllen.

Einige Worte – unter anderen mehr – aus einem Familientreffen im Oktober 1966 in Rom sind ein authentisches Zeugnis für seine Vorgehensweise. Wenige Monate zuvor hatte Papst Paul VI. am 6. August das Motu Proprio Ecclesiae Sanctae veröffentlicht, in dem in Anlehnung an einige Dekrete des Zweiten Vatikanischen Konzils – konkret der Dekrete Presbyterorum Ordinis, Nr. 10 und Ad gentes, Nr. 20 – die juristische Figur der Personalprälatur präzise umschrieben wurde: ad peculiaria opera pastoralia perficienda (zur Durchführung besonderer pastoraler Aufgaben). Msgr. Escrivá sagte damals: „Zuerst kommt das Leben, dann die Regel.“ Und ausdrücklich auf den juristischen Weg des Opus Dei Bezug nehmend fügte er hinzu: „ Ich habe mich nicht in eine Ecke zurückgezogen, um a priori darüber nachzudenken, welches Kleidungsstück man dem Opus Dei geben müßte. Als das Kind geboren war, haben wir es bekleidet; wie Christus, der coepit facere et docere (Apg 1, 1), der zuerst handelte und dann lehrte. Als wir das Wasser hatten, haben wir den Graben ausgehoben. Nicht einen Augenblick dachte ich daran, einen Bewässerungsgraben zu eröffnen, bevor ich über das Wasser verfügte. Im Opus Dei ging immer das Leben der juristischen Form voraus. Daher muß die juristische Figur wie ein Maßanzug sein“ (Hl. Josefmaria Escrivá, Worte bei einem Familientreffen, 24.10.1966).

Dieser Maßanzug erschien dank Gottes Barmherzigkeit und der Fürsprache Mariens siebzehn Jahre nach diesen Worten in Gestalt der Apostolischen Konstitution Ut sit. Aber schon seit 1935, als die Entwicklung der apostolischen Arbeit drängte, in andere Städte und Länder zu gehen, war der heilige Josefmaria fest davon überzeugt, daß die der kirchlichen Wirklichkeit angemessene rechtliche Lösung auf der Linie der persönlichen Jurisdiktion liegen würde.

Der juristische Weg war lang. Es war ein Weg, der notgedrungen durch unerforschte Gegenden führen musste, denn es gab noch keinen Weg, der dem Charisma, das der Gründer des Opus Dei empfangen hatte, gänzlich angemessen war. Er wunderte sich nicht wenig über die Bemerkung eines hochgestellten Klerikers in Rom, als Bischof Alvaro del Portillo 1946 dorthin kam, um in seinem Auftrag die päpstliche Anerkennung des Opus Dei zu beschleunigen! "Sie sind ein Jahrhundert zu früh gekommen", hörte Don Alvaro ihn sagen. Aber man konnte nicht länger warten. Jahre später, als er sich an diese Augenblicke erinnerte, schrieb der hl. Josefmaria: „Das Werk erschien der Welt und der Kirche als eine Neuheit und die juristische Lösung, die ich suchte unmöglich. Aber meine Töchter und Söhne, ich konnte nicht darauf warten, daß die Dinge möglich wurden (...). Man mußte das Unmögliche versuchen. Tausende von Menschen drängten mich dazu, die eine ungeschmälerte Hingabe an Gott im Opus Dei lebten, um mitten in der Welt apostolisch zu wirken“ (Hl. Josemaría Escrivá, Brief 25.1.1961, Nr. 19).

In der Tat fühlten sich als Frucht der priesterlichen Tätigkeit des heiligen Josefmaria Tausende von Menschen jeder gesellschaftlichen Stellung, ohne ihren Stand zu ändern von Gott gerufen, die christliche Berufung in aller Radikalität zu leben, d.h. die Gleichförmigkeit mit Christus zu suchen und den allgemeinen Ruf zur Heiligkeit und zum Apostolat unter Menschen aller sozialen Schichten zu verbreiten. Und das nach einem ganz spezifischen Geist, den Gott dem Gründer des Opus Dei am 2. Oktober 1928 eingegeben hatte; eine Spiritualität, die dazu führt, Christus zu suchen, zu finden und mit ihm umzugehen, und ihn in den normalen Lebensumständen bekannt zu machen, ganz konkret in der beruflichen Arbeit und der Erfüllung der gewöhnlichen Pflichten.

Heutzutage ist die Überzeugung tief ins Bewußtsein der Kirche gedrungen, daß alle Gläubigen gleichermaßen zur vollkommenen Liebe berufen sind. Aber damals, in den 30er und 40er Jahren, wurde das nicht so gesehen. Die Botschaft des Gründers des Opus Dei stieß auf Hindernisse, die ihre Wurzeln im gültigen Kirchenrecht hatten, das wiederum die herrschende Mentalität widerspiegelte. Die Zeiten des Zweiten Vatikanischen Konzils waren noch weit entfernt. Die übernatürliche Intuition des heiligen Josefmaria stützte sich auf die authentische kirchliche Tradition, denn sie war bereits im Evangelium enthalten. Sie richtete sich an den gewöhnlichen Gläubigen, an den Laien und an den Weltpriester: Dort an deinem Platz, von dem du dich nicht entfernen sollst, ruft dich Gott, die christliche Berufung in ihrer ganzen Fülle zu leben; mit deiner Berufsarbeit und durch die Erfüllung deiner Standespflichten trägst auch du das Licht und die Kraft Christi in die ganze Gesellschaft. Ein normales Leben, das Gott aufgeopfert wird, bringt immer Frucht.

Der Geist und die Botschaft des heiligen Josefmaria sind heute – sie sind es eigentlich schon seit Jahren – eine lebendige Wirklichkeit in der Kirche und im persönlichen Leben vieler Christen, die mittels ihres Bemühens, sie zu verbreiten und in die Tat umzusetzen, an der beständigen Evangelisierung der Gesellschaft mitwirken.

Ich fühle die kindliche Pflicht, einmal mehr im Namen aller Gläubigen der Prälatur und auch in meinem eigenen Namen der tiefen Dankbarkeit Ausdruck zu verleihen, die wir dem Heiligen Vater Johannes Paul II. für sein Verständnis und seine Fürsorge schulden, die die angemessene institutionelle Lösung für das Opus Dei ermöglicht haben.

In dieser Gedenkfeier ist es nur natürlich, daß wir die Gestalt von Bischof Alvaro del Portillo vor Augen haben, dem das Glück und die Verantwortung – onus et honor – zufielen, die Wünsche des Gründersezüglich des Opus Dei bzu einem glücklichen Ergebnis zu führen, nämlich zur Erlangung des Statuts einer Personalprälatur, insofern diese juristische Figur besonders seinem ursprünglichen Charisma und der göttlichen Eingebung entspricht. Wie der Heilige Vater es in der Apostolischen Konstitution Ut sit darlegt: „Seit das II. Vatikanische Ökumenische Konzil (...) die Figur der Personalprälatur zur Wahrnehmung besonderer pastoraler Aufgaben in die Kirchenordnung einführte, war es in der Tat einsichtig, dass diese rechtliche Figur dem Opus Dei voll gerecht wurde“, insofern es „ein apostolischer Organismus, gegliedert und unteilbar zugleich – das heißt: geprägt von einer unauflöslichen Einheit in Spiritualität, Zielsetzung, Leitung und Ausbildung – ist“ (Johannes Paul II., Apost. Konst. Ut sit, 28.11.1982, proemio-AAS 75 [1983] 423-).

Es bleibt uns keine Zeit darzulegen, mit welcher Treue zum Geist und zu den Hinweisen des Gründers Don Alvaro seine Aufgabe erfüllte; mit welcher Stärke er die dem Opus Dei eigene Natur verteidigte, mit welcher Ausdauer und Geduld er einen Weg voller Schwierigkeiten zurücklegte.

Zum Schluss möchte ich von neuem die Hilfe Mariens, der Mutter der Kirche, der Mutter des Opus Dei anrufen, damit sie weiterhin diesen Teil des Volkes Gottes mit ihrer Fürsprache beschütze. (...) So wird die Hoffnung der Kirche nicht enttäuscht werde, die, wie man im Vorwort der Apostolischen Konstitution Ut sit lesen kann „ihre mütterliche Sorge und Aufmerksamkeit dem Opus Dei zuwendet, damit es ein kraftvolles und wirksames Werkzeug ihres Heilsauftrags für das Leben der Welt sei“ (Johannes Paul II., Apost. Konst. Ut sit, 28.11.1982, proemio-AAS 75 [1983] 423-).

Ansprache des Prälaten des Opus Dei während des akademischen Aktes zur Apostolischen Konstitution Ut sit im Päpstlichen Atheneum vom Heiligen Kreuz in Rom (1.4.1998), veröffentlicht in Romana, Nr. 26