„Heiligkeit und Heiligung – zwei Dimensionen der Eucharistie“

Wenn das eucharistische Geheimnis die Mitte des Lebens der Kirche ist, so stellt der Glaube an die Eucharistie vermutlich das authentische Zeichen schlechthin der katholischen Identität dar. Der hl. Josefmaria ist ein bedeutsamer Zeuge dieser zentralen Bedeutung.

Wenn das eucharistische Geheimnis die Mitte des Lebens der Kirche ist, so stellt der Glaube an die Eucharistie vermutlich das authentische Zeichen schlechthin der katholischen Identität dar. Es wird erfahrbar durch die Früchte der Heiligkeit, die aus ihm für die Christen erwachsen, welche ihr geistliches Leben auf eben diesen Glauben gründen. Der heilige Josefmaria ist ein bedeutsamer Zeuge dieser zentralen Bedeutung. In seiner Botschaft verkündete er die allgemeine Berufung zur Heiligkeit und nahm dabei besonders Bezug auf die irdischen Tätigkeiten als Ort der Begegnung mit Christus, aber auch als Mittel, als Stoff der Heiligung. Es handelt sich hier um einen theologischen Kontext, in dem auch das eucharistische Geheimnis in seiner ganzen Radikalität erfaßt wird und der Glaube an die Realpräsenz Christi eine entscheidende Rolle einnimmt, sowohl für den Prozeß der persönlichen Heiligung als auch für die Erlösung der Welt.

2. Was den ersten Aspekt angeht, so behauptete der heilige Josefmaria ohne Zögern, daß die Eucharistie „Mitte und Wurzel des geistlichen Lebens“ ist (Christus Begegnen, Nr. 87), so wie es später das Dekret Presbyterorum ordinis ebenfalls formulierte. Eine große Schar von Männern und Frauen ist noch vom heiligen Josefmaria selbst dazu ermutigt worden, ein lebendiges Zeugnis von der Messe als Mittelpunkt des Tages zu geben. Schon damals bestand er auf der heute oft verschwiegenen Bedeutung der Vorbereitung auf einen würdigen Empfang der Eucharistie und empfahl in diesem Zusammenhang, die Seele durch das Sakrament der Buße zu reinigen. Angeregt von seiner Liebe zur Eucharistie faßten zu seinen Lebzeiten um die tausend Berufstätige den Entschluß, Priester zu werden. Er verwies immer darauf, daß die liturgischen Vorschriften treu zu beachten seien. Auch förderte er im Volk Gottes entschieden die Verehrung der heiligsten Eucharistie durch Besuche beim Allerheiligsten, eucharistische Aussetzung und Segen, nächtliche Anbetung usw.

3. Hinsichtlich des zweiten Aspektes begegnen wir im heiligen Josefmaria einem Vorläufer spätererer Entwicklungen. Er betonte bereits die zentrale Bedeutung des Glaubens an die Eucharistie, die sie in der Tat bei der Neuevangelisierung als der entscheidenden Herausforderung für die Kirche des dritten Jahrtausends haben wird. In dieser Perspektive kommt der Botschaft der Weltheiligung ab intra wie auch der mit ihr verbundenen Bewußtseinsbildung hinsichtlich der apostolischen Möglichkeiten, die sich aus der Präsenz der Laien an den vitalen Knotenpunkten der Gesellschaft ergeben, eine spezifische Aktualität zu. Angesichts dieser Aufgaben nimmt die Eucharistie eine neue Dimension als grundlegende Kraftquelle des christlichen Lebens ein, denn im Opfer der heiligen Messe macht Christus alle Bemühungen der Menschen zu seinen eigenen und gibt ihnen göttliche Fruchtbarkeit. „Gott, unser Herr, hat beschlossen, im Tabernakel zu bleiben, um uns zu nähren, um uns zu stärken, um uns zu vergöttlichen, um unserer Arbeit und unserem Mühen Wirksamkeit zu verleihen.“ (Christus Begegnen, Nr. 151) Alles menschliche Tun wird erhoben und geheiligt. (Vgl. Nr. 155) Erinnern wir uns daran: „Wenn wir erneuert worden sind durch den Empfang des Leibes des Herrn, muß es in unseren Werken spürbar werden. Unsere Gedanken sollen aufrichtig sein: Gedanken des Friedens, der Hingabe und des Dienens. Unsere Worte sollen wahr, klar und angemessen sein; Unsere Handlungen sollen echt, wirksam und überlegt sein. [...] Handlungen, die den bonus odor Christi, den Wohlgeruch Christi, an sich tragen“ . (Nr. 156)

4. Jeder Christ wird dann zu einer lebendigen Opfergabe, seine Seele im Stand der Gnade wird zu einem lebendigen Tabernakel mitten im Getriebe der Welt, seine Arbeit wird die Materie des Opfers zum Lobe Gottes. Ein Opfer, das vereint mit dem Leib und Blut Christi die Welt umwandelt, sie durch das Wirken des Heiligen Geistes zum Vater erhebt, sie rettet. Dank der Kraft, die er aus der Eucharistie schöpft, ist der Christ in der Lage, alle Tätigkeiten der Menschen mit dem Kreuz Christi zu krönen. In einer Betrachtung am Hochfest Fronleichnam sagte der heilige Josefmaria: „Christus, der vorübergeht, prägt uns ein, daß wir Ihn auch in unserer täglichen Arbeit finden müssen. So muß der feierliche Gang dieses Donnerstags aufgehen in dem stillen und schlichten Gang eines jeden Christen durch sein alltägliches Leben: als Mensch unter Menschen, aber mit der Freude des empfangenen Glaubens und gemäß der göttlichen Sendung so zu leben, daß die Botschaft des Herrn auf Erden erneuert wird. Es fehlt nicht an Fehlern, Armseligkeiten und Sünden in unserem Leben. Aber Gott ist mit uns, und wir müssen uns Ihm bereitwillig zur Verfügung stellen, dann wird sein Vorübergang an den Geschöpfen nie mehr enden. Bitten wir also den Herrn, Er möge aus uns Menschen mit einer tiefen eucharistischen Frömmigkeit machen, daß sich unser persönlicher Umgang mit Ihm in der Freude, Heiterkeit und im Streben nach Gerechtigkeit zeige. Und so werden wir vielen Menschen helfen, Christus zu erkennen, und dazu beitragen, Ihn allen menschlichen Tätigkeiten voranzustellen. Seine Verheißung wird sich erfüllen: ‚Ich aber werde, wenn ich von der Erde erhöht bin, alles an mich ziehen’ (vg. Joh 12, 32)“ (Christus Begegnen, Nr. 156)

Artikel in den Dokumenten des Symposions "Heiligkeit und Heiligung – zwei Dimensionen der Eucharistie", Rom, Dezember 1999