Der Petersdom - auf Felsen gegründet

Mit welcher Verehrung werden die römischen Christen auf Petrus geschaut haben...! Er war das Haupt der Kirche und seine Anwesenheit in der Hauptstadt des Reiches machte diese Stadt zum Zentrum und Herzen der beginnenden Ausbreitung des Christentums.

Der hl. Petrus starb im Jahr 64, während der Christenverfolgung unter Nero nach dem Brand Roms, den Märtyrertod. Der Apostelfürst war einige Jahre vorher in die Stadt gekommen, da er dem Befehl Christi folgte, den das Evangelium nach Markus aufgezeichnet hat: Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen! Wer glaubt und sich taufen läßt, wird gerettet; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden.(1)

Mit welcher Verehrung werden die römischen Christen auf Petrus geschaut haben...! Nicht umsonst war er der erste, der die Göttlichkeit Christi bekannt, ihn während der drei Jahre seines öffentlichen Lebens begleitet und vom Meister die Schlüssel des Himmelreiches erhalten hatte. Er war das Haupt der Kirche und seine Anwesenheit in der Hauptstadt des Reiches machte diese Stadt zum Zentrum und Herzen der beginnenden Ausbreitung des Christentums.

Als die Verfolgung begann, war dem ersten Papst klar, daß sich die Prophezeiung des Herrn vom See Tiberias ihrer Erfüllung näherte. Er hatte die Szene, die Johannes in seinem Evangelium erzählt, noch sehr präsent:

Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe! Amen, amen, das sage ich dir: Als du noch jung warst, hast du dich selbst gegürtet und konntest gehen, wohn du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du eine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst. Das sagte Jesus, um anzudeuten, durch welchen Tod er Gott verherrlichen würde. Nach diesen Worten sagte er zu ihm: Folge mir nach!(2)

Nach einem Leben zum Wohl der Kirche war für Petrus der Zeitpunkt gekommen, Christus bis zur vollkommenen Gleichförmigkeit nachzufolgen. Er wurde eingekerkert und zum Tod am Kreuz verurteilt – mit dem Kopf nach unten, denn in seiner Demut sah er sich nicht würdig, auf die gleiche Art wie Christus zu sterben.

Wahrscheinlich fand sein Martyrium in den horti neronis statt, einem Grundstück, das der Kaiser in der Umgebung des antiken Rom in der Nähe des vatikanischen Hügels besaß. Dort hatte Caligula begonnen, einen privaten Zirkus erbauen zu lassen, dessen Bau von Claudius fortgesetzt und zur Zeit Neros vollendet wurde. Vielleicht wurde Petrus dort während eines des Spiele, die an diesem Ort durchgeführt wurden, gekreuzigt. Manchmal öffnete Nero den Bürgern von Rom die Tore seines Stadions und lenkte sogar selbst, als Wagenlenker gekleidet, seinen Wagen vor dem Volk, das ihm zujubelte. Der heidnische Geschichtsschreiber Tacitus hat uns ein wertvolles Zeugnis von der Dynamik jener Feste während der Christenverfolgung hinterlassen. „Die, die zum Tode bestimmt waren, wurden mit Spott und Verachtung behandelt. Mit Tierfellen bedeckt, wurden sie von Hunden zerrissen; oder sie wurden an Kreuze gehangen; oder man verbrannte sie, wenn die Sonne unterging lebendigen Leibes, um die Dunkelheit der Nacht zu erhellen.“ (3)

Die Christen holten den Leichnam des Petrus und begruben ihn am Hang des vatikanischen Hügels, ganz in der Nähe des neronischen Zirkus, aber außerhalb der kaiserlichen Ländereien. Das Grab war sehr schlicht, wurde jedoch vom ersten Augenblick an ein ein Anziehungspunkt für viele Besuche durch die römischen Christen. Man kann sich leicht vorstellen, wie sehr sie die Erinnerung an das fruchtbare apostolische Wirken des hl. Petrus in Rom bewegte. Einer alten Tradition zufolge wohnte der erste Papst auf dem Esquilin im Haus des Senators Pudente, das zu einer der ersten domus ecclesiae in Rom wurde und über dem später die Basilika Santa Pudenciana erbaut wurde. Auch im Haus von Aquila und Priscilla, dem Ehepaar, das mit dem hl. Paulus zusammenarbeitete, hielt er sich vermutlich oft auf. Es befand sich auf dem Aventin, da wo heute die kleine Kirche von Santa Prisca steht.

Sicher richteten die ersten Christen vor seinem Grab viele Bitten an Petrus. Sie baten um Stärke im Glauben, um ein großes Herz voll Liebe zum Meister, um Mut zum Beginnen und Wieder-Beginnen… Wie sehr half ihnen wohl in ihren Kämpfen die Szene der dreimaligen Verleugnung, aber auch die Reue des Apostels und die dreifache Frage – Simon, liebst du mich? –, mit der Christus ihm die Sorge um seine Kirche anvertraute. (4)

Es war gewiß nur natürlich, dass diese Verehrung sich auch materiell in einer zunehmenden Ausschmückung seines Grabes umsetzte. Es gilt als erwiesen, dass in jedem Fall ab dem 2. Jahrhundert auf der ursprünglichen Grabstätte bereits ein bescheidenes Grabmal errichtet worden war. Andererseits vergaßen die Christen nicht die Worte, die der Herr an Simon gerichtet hatte und mit denen er ihm einen neuen Namen gegeben und ihm die Durchführung der neuen Aufgabe anvertraut hatte: Ich aber sage dir: du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. (5) Der Überlieferung nach war der Altar der konstantinischen Basilika im 4. Jahrhundert auf dem ehemaligen Grab von Petrus erbaut worden; und genau darüber erhoben sich im 6. und im 12. Jahrhundert – wie eine Überdachung und eine Schutzvorrichtung für die vorhergehenden – die folgenden Altäre von Gregor dem Großen und Calixtus II. Schließlich ließ Clemens VIII. 1594 den heutigen Altar der Confessio errichten und zwar wiederum über den darunterliegenden Altären.

Das Mauerstück der Graffitti<br>mit der Inschrift<i>Petros eni</i>

Viele Jahrhunderte lang haben die Pilger, die von überallher nach Rom kamen, im Glauben und im Vertrauen auf diese Überlieferung die Erinnerung an den Apostelfürsten in seiner Basilika gepflegt, überzeugt, dass sich dort sein Grab befindet. Dank der archäologischen Ausgrabungen, die in der Mitte des 20. Jahrhunderts auf Wunsch von Pius XII. durchgeführt wurden, ist es heutzutage möglich, vor dem Grab des hl. Petrus selbst zu beten.

Diese Ausgrabungen haben nur bestätigt – und zwar Punkt für Punkt –, was die Tradition überliefert hatte. So entdeckte man den Zirkus des Nero, ein gut erhaltener Friedhof mit heidnischen und christlichen Grabstätten, und vor allem das schlichte Grabmal des Petrus, das den ältesten literarischen Beschreibungen dieses Bauwerks entsprach und sich in der Tat unter den einander folgenden Altären der Basilika befand. Es wurde auch festgestellt, dass es um das Grab herum viele schnell ausgehobene Gräber gab, die so nahe wie möglich an der zentralen Grabstätte liegen sollten. Besonders erhellend war das Studium der Graffitti – oder Inschriften – auf den Wänden, denn sie zeigten ganz offensichtlich, dass dies ein christlicher Ort des Kultes war. Außerdem gibt es viele Anrufungen zu Petrus.

Eine der Aufschriften war neben einem kleinen loculus, einer Öffnung in der Mauer. Diese Nische enthielt die erhaltenen Reste eines alten Mannes von kräftiger Konstitution, die irgendwann einmal in einen rot-goldenen Stoff eingewickelt gewesen waren. Die griechische Inschrift über diesem Platz besagte: PETROS ENI, Petrus ist hier.

Vor dem Grab des Petrus

Petrus ist hier! Wie sehr mag sich der Gründer des Opus Dei gewünscht haben, zum Petersdom zu kommen, um dort vor dem Grab des hl. Petrus zu beten…! Er verbrachte seine erste Nacht in Rom im Gebet auf dem Balkon der Wohnung, die er mit anderen Gläubigen des Werkes in der Piazza Città Leonina bewohnte, und schaute auf die Gemächer des Heiligen Vaters. Den folgenden Tag, den 24. Juni, widmete er ausschließlich der Arbeit, die der wichtigste Grund jener eiligen Reise war: die rechtliche Lösung für das Werk, die er vor seiner Abfahrt mit seinen Besuchen der Heiligtümer von Pilar, Montserrat und la Merced in Barcelona voller Vertrauen in die Hände unserer Lieben Frau gelegt hatte. Wir mussten einen Weg in der Kirche öffnen, einen neuen Weg, und die Hindernisse schienen unüberwindlich, erinnerte er sich 1966. (6)

Der Altar der Confessio steht auf den<br>Grabmälern über dem Apostelgrab

Den ganzen 24. Juni über verließ der Gründer des Opus Dei die Wohnung nicht. Frühmorgens feierte er die hl. Messe an einem provisorisch im Flur aufgestellten Altar, denn die Kapelle war noch nicht fertig. Den übrigen Tag arbeitete er intensiv mit Don Alvaro, seinem engsten Mitarbeiter und seinem späteren ersten Nachfolger an der Spitze des Opus Dei. Der hl. Josefmaria wollte den Moment des Besuches im Petersdom hinauszögern, um Gott ein Opfer anzubieten, das ihm sehr schwer fiel, denn seit seiner Jugend hatte er sich sehnlichst gewünscht, vor dem Grab des Apostels zu beten.

Am 25. morgens ging er zum Petersdom. Gesammelt und im Schweigen schritt er über den Petersplatz und ging anschließend durch die Basilika bis zur Confessio, unter der der Leichnam des Apostelfürsten ruht. Dorte betete er ruhig. Erst danach betrachtete er die ganze Größe und Schönheit dieser Kirche. Man weiß nicht, was der Inhalt seines Gebetes war, aber man kann vermuten, dass er dort seinen Glauben erneuerte – dies empfahl er immer allen, die dorthin gingen – und Gott einmal mehr sein Vertrauen zum Papst und zur Kirche und seine Treue zu beiden ausdrückte.

Ein Gang durch den Petersdom

Während der fast dreißig Jahre, die bis zu seinem Tod in Rom noch vergingen, kam der hl. Josefmaria noch viele Male zum Petersdom, um zu beten. Er machte nicht immer denselben Weg durch das Innere des Gebäudes, hatte aber wohl die Angewohnheit, an bestimmten Orten Halt zu machen. Wie immer, wenn er eine Kirche betrat, ging er als erstes zur Sakramentskapelle, um den Herrn zu begrüßen und eine geistige Kommunion zu beten. Diese Kapelle befindet sich auf der rechten Seite des Kirchenschiffes, auf halbem Weg zwischen der Eingangstür und dem Altar der Confessio. Das Allerheiligste wird in einem riesigen Tabernakel von Bernini aufbewahrt. Zwei Engel, auf jeder Seite einer, beten Jesus im Sakrament an. Es gibt noch einen zweiten Tabernakel in der Kapelle, die Johannes XXIII. 1963 dem hl. Josef weihte; sie befindet sich ganz links im Querschiff des Petersdoms; manchmal betete er auch vor der Statue des hl. Patriarchen, der als junger Mann mit dem Kind im Arm dargestellt ist.

Weiter durfte der Gruß an Maria nicht fehlen; normalerweise grüßte er die Madonna del Soccorso. Ihre Kapelle ist im rechten Seitenschiff hinter der Sakramentskapelle. Sie hat ihren Namen von einem Bild der Muttergottes, das im 11. Jahrhundert gemalt wurde und sich bereits in der ursprünglichen vatikanischen Basilika befand.

Natürlich gehörte der Gang zum Altar der Confessio immer dazu. Dort pflegte er ein Credo zu beten, bei dem er jedes Wort auskostete. Unter dem Altar liegt die eigentliche Confessio, ein Werk von Maderno, wo ununterbrochen neunundneunzig Votivlampen brennen und so den Platz erleuchten, wo wenige Meter unterhalb der Leichnam des hl. Petrus ruht. Von der Balustrade aus kann man die Nische der Pallien sehen, die so genannt wird, weil sich dort eine Truhe befindet, in dem die Pallien aufbewahrt werden, die der Papst den Erzbischöfen als Zeichen ihrer Einheit mit dem Stuhl Petri übergibt. Über dem Altar erhebt sich majestätisch der Baldachin von Bernini – ein wirklich grandioses Kunstwerk, das dazu bewegt, das Herz weit zu machen und zu Gott zu erheben.

Ein anderer Ort, an dem er meist stehenblieb, war das Grab von Pius X. Der heilige Leichnam des Sarto-Papstes befindet sich links im Kirchenschiff, in der Nähe des Eingangs in einer Urne unter dem Altar der Kapelle der Darstellung im Tempel. Dort befindet er sich endgültig seit 1952, obwohl er schon zwischen 1945 und 1951 – dem Jahr seiner Seligsprechung – in derselben Kapelle lag, und zwar in der provisorischen Nische, die es dort für die verstorbenen Päpste gibt. Der heilige Josefmaria verehrte Pius X. sehr: Er ernannte ihn zum Fürsprecher des Opus Dei und empfahl ihm die Beziehung des Werkes und seiner Gläubigen mit dem Heiligen Stuhl.

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Es gibt noch einen Platz im Petersdom, dem seit dem 14. September 2005 viele Besuche von Töchtern und Söhnen, Mitarbeitern und Freunden des Werkes gelten. Am linken Seitenschiff kurz hinter dem Grab von Pius X. ist der Eingang zur riesigen Sakristei von St. Peter. Durch die Fenster des Ganges, der dorthin führt, kann man die Statue des Gründers des Opus Dei sehen, die außen an der Dommauer aufgestellt ist. Wenn man dort stehenbleibt, um die einladende Geste des hl. Josefmaria zu betrachten, ist dies eine wunderbare Gelegenheit, ihn zu bitten, er möge in allen Christgläubigen die Liebe zur Kirche und zum Papst Tag für Tag wachsen lassen.

Anmerkungen

(1) Mk 16, 15-16

(2) Joh 21, 17-19

(3) Tacitus, Annalen XV, 15-17

(4) Vgl. Joh 21, 15-17

(5) Mt 16, 18

(6) Hl. Josefmaria, AGP P18, S. 313

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