Weihe der Familien des Opus Dei an die Heilige Familie

"Ich möchte euch gerne Einzelheiten von der Weihe des Werkes und der Familien jedes Mitglieds an die Heilige Familie erzählen. Angesichts der teuflischen Machenschaften einiger Unverständiger konnte ich mich nur an den Himmel wenden. Jesus, Maria und Josef kümmerten sich darum, dass sich die Wolken verzogen." So erklärte der hl. Josefmaria, wie die Weihe 1951 entstand.

Ikone der Heiligen Familie

Der hl. Josefmaria und die Eltern

Das Sprichwort: ›der Herr schreibt auch auf krummen Zeilen gerade‹ hatte sich infolge persönlicher schmerzlicher Erfahrungen dem Gedächtnis des Vaters tief eingeprägt. Es stand auch für die göttliche Logik, die sich nicht immer mit dem menschlichen Denken deckt.

Da war ein anderer Gedanke, den er seinen Kindern einzuprägen suchte: sie hätten ihren Eltern das Leben und »neunzig Prozent der Berufung« (1) zu verdanken, und eine geordnete Liebe führe dazu, das vierte Gebot als das »süßeste Gebot des Dekalogs« (2) zu lieben und zu befolgen.

In Italien

Seit der endgültigen Approbation waren erst wenige Wochen vergangen, als von neuem Angriffe einsetzten, die Unruhe in eine Reihe von Familien trugen und das ›süßeste Gebot‹ in ein Meer der Bitternis (3) tauchten. Mit den in Spanien praktizierten Methoden verbreiteten die Angreifer Angst und Verwirrung in den Familien der italienischen Mitglieder. Gleichwohl konnten sie der raschen und kontinuierlichen Ausbreitung des Opus Dei letztlich nichts anhaben.

Sie sollen das Werk als ihr eigenes empfinden

Der hl. Josefmaria mit den Eltern eines Priesters vom Opus Dei

Bis dahin verbrachten die jungen Studenten, die im Pensionato ein und aus gingen, glückliche Zeiten an der Seite des Vaters, der den Familien seiner Söhne mit großer übernatürlicher und menschlicher Liebe zugetan war. Die Eltern sollten die herzliche familiäre Atmosphäre, die im Opus Dei herrschte, kennenlernen und aufnehmen. Erstaunlich zu sehen, mit welcher Liebe er bei seinen vielen ermüdenden Beschäftigungen die Eltern an der warmherzigen Atmosphäre im Opus Dei teilhaben ließ. Er ließ ihnen Nachrichten über ihre Söhne zukommen und bat sie, um das Werk zu ihrer eigenen Sache werden zu lassen, um ihre Mitarbeit und ihr Gebet.

Das liebevolle Verhältnis, das ihn mit den Familien verband, geht aus seinem Briefverkehr deutlich hervor. Ein Jahr nachdem Mario Lantini um die Aufnahme in das Werk gebeten hatte, schrieb er folgenden Brief an dessen Mutter:

»Sehr geehrte Frau Lantini!

Ich habe Ihren liebenswürdigen Brief erhalten und bedanke mich aufrichtig dafür, vor allem für Ihr Gebet, das Sie erwähnen und das ohne Zweifel das beste Geschenk ist, das Sie und Ihr Mann dem Opus Dei und seinen Mitgliedern machen können.

Ich bin sehr froh über die Berufung Ihres Sohnes Mario und danke Gott dafür. Er arbeitet immer mit der Freude und Begeisterung eines Menschen, der dem Herrn dient. Wenn ich Ihren Sohn betrachte, denke ich wie von selbst an die Güte der Eltern, denen er einen Teil seiner Berufung verdankt.

Mit der Bitte, dem Herrn auch weiterhin das Opus Dei anzuempfehlen, grüßt und segnet Sie

Der hl. Josefmaria undJuan Larrea, 1954

Josemescrivá de B.« (4)

Die Antwort von Msgr. Montini

Mit Beginn der apostolischen Reisen vom Pensionato aus in verschiedene Städte Italiens wuchs auch die Zahl derer, die sich in Rom dem Werk anschlossen. Im April 1949 bat ein Student aus Südamerika, Juan Larrea, um die Aufnahme ins Opus Dei. Seine Familie war von der Entscheidung nicht allzu begeistert. (5) Zum einen, weil sie das Opus Dei nicht wirklich kannte, zum anderen, weil manche ihrer Pläne und Vorhaben davon durchkreuzt wurden. Juan Larrea berichtet: »Mein Vater, damals Botschafter von Ecuador beim Heiligen Stuhl, legte mir nahe, mich mit Monsignore Montini, dem Substitut im Staatssekretariat, zu besprechen. Ich sprach also mit Monsignore Montini, erzählte ihm meine Geschichte, und nach einem langen und herzlichen Gespräch sagte er: ›Ich werde ein tröstliches Wort für Ihren Vater finden.‹ Ein paar Tage später empfing er meinen Vater und sagte ihm, er habe mit Pius XII. gesprochen und der habe ihm gesagt: ›Sagen Sie dem Botschafter, daß es für seinen Sohn keinen besseren Platz gibt als das Opus Dei.‹ Als ich zwanzig Jahre später als Bischof Monsignore Montini einen Besuch abstattete – er war zu diesem Zeitpunkt Papst Paul VI. –, erinnerte er mich liebevoll an die oben beschriebene Audienz.« (6)

Ein schmerzliches Ereignis

Doch es gab auch Eltern, die sich der Entscheidung ihrer Söhne vehement widersetzten. Bei näherem Hinsehen war der Widerstand die Folge verschiedener Ränke, durch die Unzufriedenheit in den Familien geschürt wurde, bis es schließlich zum offenen Konflikt kam. Die Hoffnung des Gründers, das Dekret Primum inter werde diese Art von Schwierigkeiten beseitigen, erfüllte sich also nicht.

Der hl. Josefmaria zusammen mit einigen jungen Mitgliedern des Opus Dei auf einem Baugerüst von Villa Tevere. Rom, 1949

Im April 1949 hatte Umberto Farri mit einundzwanzig um die Aufnahme ins Werk gebeten. 1950 ging er auf Wunsch des Gründers nach Mailand, wo er bis November 1951 blieb. In der Zwischenzeit hatte sein Vater, Francesco Farri, mit Eltern anderer Studenten, die mittlerweile dem Werk angehörten und in der Villa Tevere ein und aus gingen, Kontakt aufgenommen. In kürzester Zeit schien der Schaden, den das Verhältnis Eltern – Kinder erlitt, irreparabel. Vor allem als Herr Farri schließlich auf Rat des Jesuitenpaters A. Martini ein Protestschreiben an Papst Pius XII. persönlich richtete. Das Schreiben vom 25. April 1951 unterzeichneten fünf Väter von Mitgliedern des Werkes. (7)

Das in korrekter Form verfaßte Schreiben entstellt auf unerhörte Weise die Wirklichkeit des Apostolates des Opus Dei und ist gleichzeitig der Versuch, den Papst in einem historisch wichtigen Moment, kurz nach der endgültigen Approbation des Werkes, unter Druck zu setzen und sich seiner obersten Autorität zu bedienen.

Nicht ein einziges böses Wort

Wie reagierte der Vater, als er davon in Kenntnis gesetzt wurde? Escrivá bat seine Kinder, wie er es bereits im Jahre 1941 getan hatte, zu schweigen, zu beten, zu lächeln und zu arbeiten. (8) Und seine Kinder gehorchten, hielten sich strikt an diese Weisung und dachten nicht weiter darüber nach. Erst dreißig Jahre später kamen ihre persönlichen Erfahrungen, wie Mario Lantini berichtet, ans Licht, als sie im Seligsprechungsprozeß als Zeugen aussagten: »Ich muß hinzufügen«, erklärte Mario Lantini 1983, »daß ich zum ersten Mal und voll Schmerz darüber spreche, denn Prälat Escrivá hat uns immer ausdrücklich verboten, darüber zu sprechen, um nicht gegen die Liebe zu verstoßen, auch nicht, wenn wir nur unter uns waren, wie es in einem Punkt aus dem Weg (Nr. 443) heißt: ›Wenn du nicht loben kannst, dann schweige.‹ Daher sind diese Vorkommnisse, die ich erlebt habe – abgesehen vom Gründer und Don Álvaro, der damals der Consiliarius für Italien war –, innerhalb des Werkes unbekannt.« (9) Álvaro del Portillo seinerseits bezeugt, vom Vater »nicht einmal in den härtesten Momenten ein einziges Wort des Vorwurfs gegen jene, die ihn verleumdeten« (10), gehört zu haben.

Seine Reaktion: Die Familien unter den besondern Schutz der Heiligen Familie stellen

Der Vater suchte vertrauensvoll Zuflucht beim Herrn. Auf ein Stück Papier schrieb er: »Die Familien der Unseren unter den Schutz und Schirm der Heiligen Familie, Jesu, Marias und Josefs, stellen: damit sie am gaudium cum pace des Werkes teilhaben und vom Herrn herzliche Zuneigung zum Opus Dei erlangen.« (11)

Der hl. Josefmaria im Kreis einer Familie, Spanien, 1972

Noch im Jahr 1951 schreibt er im Rückblick auf jene unseligen Ereignisse in einem Brief an seine Kinder: »Ich würde Euch jetzt gern Einzelheiten im Zusammenhang mit der Weihe des Werkes und der Familien jedes Mitglieds an die Heilige Familie erzählen, [die ich] am 14. Mai dieses Jahres in der Kapelle, die seitdem Kapelle von der Heiligen Familie heißt, noch ohne Wände, zwischen den Brettern und Nägeln der Verschalung, die bis zur Erhärtung des Zements Gebälk und Decke abstützte [vorgenommen habe]. Es gibt darüber jedoch einige genaue Aufzeichnungen. Ich breite mich daher hier nicht weiter aus. Ich möchte Euch jetzt lediglich sagen, daß ich mich nur an den Himmel klammern konnte angesichts der teuflischen Machenschaften – Gott ließ sie zu! – einiger Unbelehrbarer, die ein paar Familienväter ein Dokument unterschreiben ließen, in dem es von falschen Aussagen nur so wimmelte, und die erreichten, daß es in die Hände des Heiligen Vaters gelangte. Jesus, Maria und Josef haben sich dafür eingesetzt, daß die Wolke vorüberzog, ohne daß ein Hagelsturm losbrach: Alles hat sich geklärt.« (12)

Die Zuflucht zur Heiligen Familie zeigte alsbald ihre Wirkung. Noch in derselben Woche, in der das Schreiben dem Papst vorlag, machte einer der Unterzeichner einen Rückzieher. (13) Den übrigen wurde sehr bald bewußt, wie unbegründet die ›beängstigende Situation‹ war, von der die Denunziation sprach. Von da an legten sie ihren Söhnen keine Hindernisse mehr in den Weg, und der Herr ließ wieder Frieden in die Familien einziehen. Die Beschwerde löste sich in Nichts auf, und Escrivá konnte beglückt die wachsende Zuneigung der Familien seiner Söhne zum Opus Dei beobachten. (14)

Jedes Jahr

Seit 1951 wird die Weihe in den Zentren des Werkes Jahr für Jahr anhand eines festen Textes erneuert, in dem Gott gebeten wird, seinen reichen Segen über die Eltern und Geschwister der Mitglieder des Werkes auszugießen und sie der großen Familie des Werkes anzunähern: »Gewähre ihnen, Herr, jeden Tag den Geist unseres Opus Dei besser zu verstehen, zu dem du uns für deinen Dienst und unsere Heiligung gerufen hast; gieße ihnen eine große Liebe zu unserem Werk ein; laß sie immer klarer die Schönheit unserer Berufung erkennen, damit sie heiligen Stolz darüber empfinden, daß du uns in deiner Güte berufen hast, und dir die Ehre zu danken wissen, die du ihnen erwiesen hast. Segne besonders ihre Mitarbeit bei unseren apostolischen Werken und laß sie immer an der Freude und an dem Frieden teilhaben, die du uns schenkst als Lohn für unsere Hingabe.« (15)

Aus dem Buch: Der Gründer des Opus Dei, (III): Die römischen Jahre, Andrés Vázquez de Prada

Anmerkungen:

(1) Er lehrte seine Kinder, so berichtet Álvaro del Portillo, daß »wir neunzig Prozent der Berufung unseren Eltern verdanken. In vielen Fällen waren sie es, die den Samen des Glaubens und der Frömmigkeit unserem Leben eingepflanzt haben; und immer verdanken wir ihnen, daß sie uns auf die Welt gebracht, uns aufgezogen und uns erzogen haben« (Worte des Gründers: Álvaro del Portillo, Sum. 1340).

(2) Vgl. Alejandro Cantero Fariña, Sum. 6670; Teresa Acerbis, Sum. 5005; Fernando Valenciano Polack, Sum. 7146.

(3) Es handelt sich um eine jener unruhigen Zeiten zwischen 1951 und 1952, in die drei Weihen des Opus Dei fallen. Die Weihe an den Heiligen Geist 1971 hatte ein anderes Motiv und fand unter anderen Umständen statt.

(4) Brief an Gioconda Lantini, in EF-490705-1.

(5) Juan Larrea Holguín wurde in Buenos Aires geboren (9.8.1927). Er bat im April 1949 um die Aufnahme als Numerarier in das Opus Dei. Bevor er 1962 die Priesterweihe empfing, übte er den Anwaltsberuf aus. 1969 wurde er zum Bischof geweiht. Er war zuerst Weihbischof von Quito, dann Bischof von Ibarra, 1988 wurde er zum Koadjutor der Erzdiözese Guayaquil und am 7.12.1989 zum Erzbischof ernannt.

(6) Juan Larrea Holguín, Sum. 6026.

(7) Im Jahr 1985 fand Umberto Farri bei der Durchsicht des Nachlasses seiner Eltern eine Kopie des Briefes, ebenso handschriftliche Ausbesserungen des beratenden Ordensmannes (vgl. Archiv Farri, Mappe Umberto). Umberto hatte bis dahin nichts von dem Schreiben gewußt, weshalb er es im Seligsprechungsprozeß für Josemaría Escrivá, bei dem er als Zeuge von Oktober 1981 bis Mai 1982 auftrat, nicht erwähnte.

(8) Vgl. Francesco Angelicchio, Sum. 3499.

(9) Mario Lantini, Sum. 3572.

(10) Álvaro del Portillo, PR, S. 571. – Der Gründer duldete nicht den leisesten Kommentar zu diesem Thema. Juan Udaondo schildert dazu folgende Begebenheit: »Damals erfuhr ich, daß der Jesuitenpater Bellincampi Koadjutor und Stellvertreter des Pfarrers der Pfarre San Roberto Bellarmino in Rom und Betreuer der Scouts-Gruppe, sich vor den Kopf gestoßen fühlte, weil einige dieser Jungen das Haus an der Viale Bruno Buozzi besuchten und unter ihnen Umberto Farri, Giorgio de Filippi und Salvatore Longo um die Aufnahme ins Opus Dei gebeten hatten. In seinem Mißmut hielt er mit falschen Anschuldigungen und Verleumdungen hinsichtlich des Werkes und der »Gruppe von Spaniern«, wie er sie nannte, nicht zurück. Als ich eines Tages allein mit dem Gründer war, entschlüpfte mir ein leicht bissiger Kommentar über Pater Bellincampi. Der Gründer unterbrach mich sofort. Er wies mich energisch darauf hin, daß ich es nicht verstanden hätte, den Geist zu leben, den er uns immer gelehrt habe, das heißt: schweigen, entschuldigen, wiedergutmachen und beten, und er riet mir, nicht nur für Pater Bellincampi zu beten, sondern die Bußgeißel zu nehmen und für den Pater ein paar ordentliche Schläge aufzuopfern« (Juan Udaondo Barinagarrementería, Sum. 5034).

(11) AGP, P01 I-1966, S. 27.

(12) Brief 24.12.1951, Nr. 260.

(13) Der Betreffende teilte Herrn Farri in einem Brief vom 27.4.1951 mit: »Ich bitte Sie, mich von jeder Aktivität für ausgeschieden zu halten ebenso wie von der Bindung, die ich durch meine Unterschrift im Schreiben bezüglich unserer Kinder und dem Opus Dei eingegangen bin.« Vgl. Archiv Farri, Mappe Umberto; und die Erklärungen der Söhne der Unterzeichner, RHF, D-15002.

(14) Ebd.

Gewähre ihnen, Herr, jeden Tag den Geist unseres Opus Dei besser zu verstehen, zu dem du uns für deinen Dienst und unsere Heiligung gerufen hast; gieße ihnen eine große Liebe zu unserem Werk ein; laß sie immer klarer die Schönheit unserer Berufung erkennen, damit sie heiligen Stolz darüber empfinden, daß du uns in deiner Güte berufen hast, und dir die Ehre zu danken wissen, die du ihnen erwiesen hast. .

(15) PR Bd. XVII, Documenta Bd. II, Opus Dei (Weihen), S. 5. Die Weihe findet in allen Zentren des Werkes am Fest der Heiligen Familie statt.